Ohrringe für Kleinkinder? Ja oder Nein?


Aus ganz aktuellem Anlass möchte ich heute einmal über das Thema Ohrringe für Mädchen schreiben.

Ich bin als Kind ohne  Ohrringe aufgewachsen, habe mir auch nie darüber Gedanken gemacht, zumindest soweit ich mich erinnern kann. Vielleicht war es aber in den 80igern noch nicht so Mode, ich weiß es nicht mehr genau. Aufgrund meiner sehr langsam wachsenden Haare und später dank meines Papas, der mir die Haaren immer gern, sagen wir mal, radikal gekürzt hat, wurde ich viele Jahre bis in das Grundschulalter auf der Straße gern als Junge „identifiziert“. Ich erinnere mich noch genau.  Ich stand  in meinem Lieblingsspielzeug Laden um die Ecke und hatte mir, von meinen 50 Pfennig Taschengeld, etwas Tolles ausgesucht. Plötzlich stand da diese Frau, die zu mir sagte: Oh, guck mal der kleine Junge da, wie süß! Wütend habe ich nur geschrien, ich bin ein Mädchen und bin, ohne meine tolle neue Errungenschaft, aus dem Laden gelaufen und habe den ganzen Weg nach Hause geweint.

Ich weiß nicht, ob es diese Erfahrungen waren oder der Umstand, dass ich am Ende der Pubertät  einfach irgendetwas „gegen“ meine Erziehung tun wollte.

Aber eines der ersten Dinge, die ich mit 18 Jahren gemacht habe, war tatsächlich mir Ohrlöcher stechen zu lassen. Oder besser gesagt, per Pistole in die Ohren rammen lassen. Ich fand es brutal und ja es tat weh, auch noch Wochen später. Aber ich war so stolz. Obwohl ich ja mittlerweile lange Haare hatte und deutlich als Mädchen oder schon junge Frau zu identifizieren war, fand ich es irgendwie total toll, dass nun auch endlich meine Ohren mit dem Prädikat „Mädchen“ ausgezeichnet waren.

Seit vielen Jahren trage ich immer sehr unscheinbare Ohrringe, kleine Perlen, jeden Tag dieselben. Ich nehme so abends ab und in der morgendlichen Routine kommen sie wieder rein. Aber sie haben eigentlich keine große Bedeutung mehr für mich. Trotzdem fühle ich mich nackt, wenn ich sie nicht anstecke am Morgen.

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Bevor ich selber Kinder hatte, fand ich es immer unmöglich, wenn Babies schon mit diesem durchaus schmerzhaften Schmuck ausgestattet waren. Ich kann mich bis heute wirklich gut an den Schmerz erinnern. Gut, wahrscheinlich ist das dann ein Vorteil von Babies, sie vergessen diesen Schmerz ganz schnell wieder.

Trotzdem habe ich für mich diese Meinung beibehalten, keine Ohrringe für Kinder, die noch nicht ihre Meinung dazu sagen können und noch nicht einschätzen können, was es in der Konsequenz als Schmerz bedeutet. Vielleicht möchte der kleine Mensch ja auch gar keine Ohrringe in seinem Leben haben, das soll doch bitte jeder Mensch für sich selber entscheiden können und dürfen.

Diese Erklärung habe ich meinen jetzt 5 jährigen Zwillingen auch die letzten 2 Jahre gegeben, wenn immer mal wieder gefragt wurde, warum ich Ohrringe habe und sie nicht. Nach und nach hatten viele Mädchen im Kindergarten Ohrringe und meine Mädchen fragten mich auf der Straße immer, warum denn Babies schon Ohrringe haben dürften, sie aber nicht.

Wieder habe ich Ihnen erklärt, dass ich als Mama es nicht möchte, da sie einfach noch zu jung dafür sind. Es kann natürlich jeder für sich selber entscheiden aber das war und ist einfach meine Meinung dazu. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass wir noch einmal darüber sprechen, wenn sie in die Schule kommen.

Seit 2 Wochen hatten wir dann wieder und wieder die Diskussion, dass ein Zwilling, ja lustiger Weise nur einer, unbedingt Ohrringe möchte. Ich habe ihr dann erklärt, dass es weh tut und auch noch mehrere Wochen so sein kann. Ich habe meine größten Horrorgeschichten von vereiterten Ohrläppchen aufgefahren aber es prallte ab. Ja ich weiß, hast du schon gesagt Mama! Kam nur als Antwort. Wir haben dann ausgemacht, dass sie noch ein paar Tage darüber schläft und wir dann das Ganze noch einmal besprechen.

Jeden Morgen nach dem Aufstehe sagte sie zu mir: „Mama, ich hab mir das überlegt, ich möchte das wirklich!“

Ok, habe ich mir gedacht, es ist wie damals bei der Schnullerfee. Da sagte sie auch von einem Tag auf den anderen, die soll jetzt kommen und die Schnuller holen und mir das Fahrrad bringen. Gesagt, getan, zack, Thema erledigt.

Da ich ja mein Kind jetzt 5 Jahre kenne, wusste ich, sie meint es jetzt also wirklich ernst mit den Ohrringen. Also sind wir zu einem Juwelier Geschäft gefahren. Die Zwillingsschwester im Schlepptau („ich guck mir das erst einmal bei der Schwester an, Mama“) kommen wir in das Geschäft. Leichte Unsicherheit macht sich bei meiner Tochter breit und sie versteckt sich kurz hinter mir. Ich frage sie ein letztes Mal, ob sie sich wirklich sicher ist und sie sagt zwar nur leise aber deutlich : JA!

Nun geht es los, ich glaub ich hatte mehr Angst als sie. Zugegeben, es war heute auch besser als bei mir damals. Beide Ohren wurden gleichzeitig „beschossen“, sodass die unschöne Variante „beim ersten tat es mir zu toll weh, daher habe ich mir keinen zweiten Ohrring machen lassen“ ausfiel. Meine Tochter, ganz tapfer, hat beim Knall einmal gezuckt und danach noch einmal heftig geschluckt und das war es. Jetzt ist sie stolze Besitzerin goldener Sterne mit ihren jungen 5 Jahren.wp-image-21574121

Tja, so kommt es, dass man seine Grundsätze zumindest ein bisschen zurechtrückt.

Ihre Schwester allerdings ist direkt mit einem „ich will das lieber doch nicht“ aus dem Laden gerannt. Also hatte es zumindest für Kind 2 eine Art abschreckende Wirkung.

Ich weiß, dass Kind 3 nachher zu Hause direkt anmerken wird, dass sie auch wie die große Schwester Ohrringe möchte und ich dieselbe Diskussion dann die nächsten 2 Jahre führen werden. Aber 2 Jahre ist mir persönlich einfach noch zu klein für Ohrringe und dabei bleibe ich auch.

Wie steht ihr zu diesem Thema und haben Euch Eure Mädels auch „weichgekocht“ bei dem Thema?

Ich bin gespannt auf Eure Erfahrungen,

Eure Zwillingsmama Michi plus Eins

24 Kommentare

  1. Interessantes Thema 🙂 ich hab meine ersten Ohrringe in meinen ersten Kindergartenjahren bekommen. Doch viel schlimmer als das eigentliche Stechen, denn der Schmerz vergeht ja schnell, fand ich das ständige Drehen an den Ohrsteckern. Ich weiß gar nicht, ob man das heute auch noch so macht. Doch damals, in den frühen 90er, musste ich jeden Tag mehrmals an den Ohrsteckern drehen, damit sie nicht festwachsen, sie regelmäßig mit Desinfektionsspray einsprühen und das hat mir immer unglaublich weh getan. Ein paar Jahre später, als ich anfing häufiger auf Bäumen herum zuklettern, habe ich sie dann wieder rausgemacht. Denn da hatten sie mich nur noch gestört.
    Aber ich finde es wirklich super, wie du mit deiner Tochter Entscheidungen triffst. Das du mit ihr sprichst, sie drüber schlafen lässt und besonders die Berücksichtigung ihres Wunsches find ich richtig Klasse! 🙂

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  2. Ich finde das Thema sehr interessant.
    Da die Meinungen doch sehr auseinander gehen.
    Ich habe damals meine Ohrlöcher mir 2 Monaten gestochen bekommen. Da das bei uns in Tschechien schon immer so gemacht wurde und auch bis heute noch gemacht wird.
    Als ich dann meine Tochter zur Welt brachte habe ich mich direkt mit diesem Thema beschäftigt ob ich meiner Maus Ohrlöcher stechen lasse oder nicht.
    Ich habe mich dafür entschieden.
    Wir waren beim Juwelier und dieser hat mich wieder nach Hause geschickt mit der Antwort das ich wieder kommen soll wenn mein Kind mindestens 5 Jahre alt sei.
    Es sei mit 4 Monaten noch viel zu früh.
    Diese Antwort hat mich ein wenig irritiert da viele Babys die ich kannte Ohrringe haben.
    Also bin ich zu einem anderen Juwelier gegangen (es war ein türkischer Juwelier) und dieser hatte mir gesagt das es bei Ihnen auch direkt nach der Geburt gemacht wird. Wir hatte ein wirklich langes Geschpräch darüber geführt.

    Vorab…ich würde es jederzeit wieder machen….

    Er hat mir geraten beide Seiten auf einmal zu stechen, dann hätten die Kinder den „Schmerz“ nur einmal.

    Und das tat ich auch. Natürlich hat meine Maus auch geweint aber sie hat sich dann auch mit einen Schnulli schnell beruhigen lassen.

    Wie gesagt Céline war 4 Monate alt und ich würde es jederzeit wieder machen.

    Es war eine Interessante Erfahrung.

    Lg Alena

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  3. Hi, ich hab da die bequeme Position als Jungsmama, dass mein absolutes Nein vermutlich hier Zuhause nie hinterfragt wird. Ich persönlich finde es vor Schulalter nicht schön und da ich selbst dauernd entzündete Ohrlöcher hatte (als Erwachsene), trage ich keine mehr und würde das bei einem Kind nie riskieren. Dazu die Verletzungsgefahr, wenn man hängen bleibt oder ähnliches. Kinderärzte haben da meistens auch eine recht deutliche Meinung. Daher, von mir für uns gäbs ein klares Nein, aber was andere Eltern entscheiden, geht mich halt nichts an (ausser, es wird wie jetzt nach Meinungen gefragt). Es gibt auch Dinge, die meine Jungs wollen und nicht dürfen (zum Beispiel tagesaktuell Star Wars gucken).
    Aber das Wichtige ist doch, dass Deine Tochter glücklich ist mit Eurer Entscheidung! lieben Gruß

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    • Danke für deine ehrliche Meinung. Ja, ich habe es mir auch wirklich nicht leicht gemacht aber manchmal muss man auch als Mama seine Regeln sinnvoll hinterfragen. Ich hoffe mal, dass wir von Entzündungen und Verletzungen verschont bleiben. Etwas anderes als Ministecker kommen auch auf keinen Fall in Frage. lg Michaela

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  4. Bei unserer Tochter war es ziemlich genau wie bei euch. Trotz vieler Gespräche sehr entschlossen 🙂 Eigentlich war geplant, dass sie in der ersten Klasse erst Ohrlöcher bekommt, nun war es schon ein halbes Jahr vor der Einschulung. Sei es drum. Allerdings habe ich mich vorab umfassend informiert und mich gegen Ohrlöcher mit der Pistole, sondern für sauber mit einer sterilen Einmalkanüle gestochene Löcher entschieden. Verheilt ist alles gut und sie war sehr stolz auf ihre Ohrstecker. Sie trägt immer mal wechselnde Ministecker und hat ihre Ohrlöcher nun seist fast drei Jahren.

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    • Hallo Melanie,
      ja manchmal muss man auch als Eltern seine Vorsätze und Regeln der Situation anpassen denke ich. Vielleicht war es bei meiner auch plötzlich der Wunsch nach mehr Individualität. So als Zwilling kann ich mir das schon auch vorstellen.

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  5. Ich bin Mutter einer aktuell dreijährigen Tochter. Ich habe zu dieser Thematik eine ganz klare Haltung: Ohrlöcher sind Piercings und Piercings sind Körperverletzung und haben an Kindern nichts zu suchen. Diese Haltung teile ich auch mit meinem Mann, sodass Bettelei an uns abprallt – sie kriegt nunmal nicht alles, was sie will.
    Wenn überhaupt, sollte man so einen Eingriff auch nicht beim Juwelier machen lassen sondern aus hygienischen Gründen immer beim Piercer. Und spätestens dort rennt jedes Kind freiwillig wieder raus. 😉

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  6. Anika, ich stimme Dir aus tiefstem Herzen zu. ich finde es unmöglich, einem Kleinkind unbedingt Ohrlöcher stechen zu lassen. Was hat das denn für einen Sinn? Ich kann da nur den Kopf schütteln.

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  7. Sehr interessantes Thema 😊 Mit unserer Großen (4 1/2) hatten wir auch neulich das Gespräch wg Ohrringen. Ich habe ihr ebenfalls erklärt, dass das wehtun wird und die Ohrlöcher nicht gestochen, sondern mit einer speziellen Ohrpistole gestochen werden. Da hat sie kurz geschluckt und beschlossen, dass sie welche möchte, wenn sie in die Schule kommt. Und bisher ist sie bei ihrer Meinung geblieben. Sie hat sich dann noch mit ihrer Taufpatin darüber unterhalten und mit ihr ausgemacht, dass die beiden das gemeinsam beim Bruder der Patin machen (er ist Juwelier)… Ich bin mal gespannt, was sie in 2 Jahren dazu sagt 🙈
    Ich selbst habe auch erst in der ersten oder zweiten Klasse Ohrringe bekommen. Kleine Marienkäfer 🐞 😍
    LG

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  8. Also ich habe auch noch vor der Einschulung meine ersten Ohrstecker bekommen einfach weil das in polnischen Familien so üblich ist. Hinterfragt habe ich das damals nie und an den schmerz erinnern kann ich mich natürlich auch nicht mehr. Ich würde es glaube ich ähnlich wie du machen. Wenn das Kind es denn möchte und es sich auch wirklich ausgiebig überlegt hat ist das für mich in Ordnung. Wenn dann aber wirklich beim professionellen Piercer im Studio. Die wissen wirklich was sie da machen auch bzgl. Hygiene etc. Die beim Juwelier machen das ja eigentlich nur als „Nebenverdienst“. Was ich da bei uns im Ort schon gesehen habe…

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  9. Bei uns ist es aktuell auch Thema weil ihre Freundin im Sommer in der Türkei welche bekommen hat. Ich hab jetzt auch erstmal gesagt zur Einschulung. Das war bis jetzt okay. Mal gucken wann und wie das Thema wieder kommt. Achso, sie ist knapp 3 1/2.
    Ich habe auch Löcher. Weiß aber nicht mehr wann ich die bekomme habe. Im rechten Ohr sind es sogar 2 Löcher wobei das 2. fast zu ist…
    Ich thematisiere das aber nicht von selbst und warte bis sie den Wunsch wieder äußert. Und dann setzen wir uns damit auseinander.

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  10. Ui, ui, ein sehr aktuelles Thema bei uns! Meine Kleine möchte unbedingt Ohrringe haben, im Kindergarten hat ein Mädchen in den Sommerferien Ohrlöcher/Ohrringe bekommen…und nun gibt es fast kein anderes Thema mehr. Ich selbst habe mit 4 Jahren Ohrlöcher gestochen bekommen – daran kann ich mich sogar noch erinnern. Ich warte noch eine Weile ab, vielleicht legt sich das Thema noch einmal…lG

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  11. ich glaube ich hab sie mir erst mit 12 Jahren stechen lassen, zuerst die Ohrläppchen dann war gerade die Ohrkante beliebt, da wurdens dann auch nochmal zwei zusätzlich. Wenn Kinder genau sagen was sie wollen ist es völlig in Ordnung, welche stechen zu lassen, ich seh da keine Probleme. Als Baby finde ich es aber zu früh, soweit ich weiß, hat man früher als eine Art Schutz (Talisman) Ohrlöcher bei Kindern gestochen. Inzwischen kommt mir aber vor, dass es nur mehr darum geht so früh wie möglich äußerlich sichtbar zu machen, dass es sich um einen Jungen oder Mädchen handelt. So wie auch rosa/ pink fast zur Hauptfarbe für Mädchen wurde, (war übrigens früher auch umgekehrt war, Farbe für die Jungs;)) Liebe Grüße Julia

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  12. Interessanterweise war ich als Kind so ziemlich das Gegenteil und fand Ohrringer total unschön. Dies änderte sich als ich ins Jugendalter kam, weshalb ich mir im Alter von fünfzehn Jahren Ohrlöcher stechen ließ. Seitdem habe ich eine ziemlich üppige Schmucksammlung angesammelt, die von Jahr zu Jahr immer ein bisschen größer wird.

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